Geschichte
Wohnprojekte
„Den Armen eine gute Nachricht bringen“ war in den 50er-Jahren des vorigen Jahrhunderts das Leitmotiv des damaligen Seelsorgeamtsleiters Dr. Edwin Fasching. Als eine der größten Nöte jener Tage sah er die Unterbringung von jungen Arbeitern, die insbesondere von der damals boomenden Textilindustrie vor allem aus Kärnten und der Steiermark für den Vorarlberger Arbeitsmarkt angeworben worden sind. Wohnungen oder auch nur Zimmer oder Gemeinschaftsschlafstellen fehlten jedoch vor allem im Raum Dornbirn völlig. Vor diesem Hintergrund wurde der Bau eines „Arbeiterhotels“ geplant, in dem junge Arbeiter Unterkunft, Verpflegung, aber auch menschliche Ansprache und Gemeinschaft finden sollten.
1957 starb Dr. Edwin Fasching, und der junge Kaplan Emil Bonetti übernahm die Aufgabe, das im Rohbau befindliche Gebäude fertigzustellen. Noch im selben Jahr konnte das „Haus der jungen Arbeiter“ eröffnet werden. In Dreibettzimmern fanden 134 junge Arbeiter eine Unterkunftsmöglichkeit. Bereits 1960 wurde das Haus um einen Personaltrakt, einen Saal und eine Hauskapelle erweitert.
Für Arbeiterinnen wurde 1964 ein „Mädchenwohnheim“ in Hard errichtet: das so genannte „Haus Maria Rädler“, das in Zusammenarbeit mit dem „Werk der Frohbotschaft Batschuns“ geführt wurde.
„Jene brauchen unsere Hilfe, die der Arbeitsmarkt ‚freigesetzt‘ hat, die mit den Anforderungen nicht Schritt halten können oder die aus den unterschiedlichsten Gründen an den Rand unserer Gesellschaft gedrängt werden.“ – Kaplan Emil Bonetti
Die weitere Entwicklung des „Hauses der jungen Arbeiter“ ist ein Spiegelbild der Entwicklung Dornbirns: Als Gäste und Bewohner:innen wurden die Innerösterreicher von den „Gastarbeiter:innen“ aus dem ehemaligen Jugoslawien abgelöst. Daran anschließend, nach den Jahren der Vollbeschäftigung, gab es neue Aufgaben. Nun brauchten, so Emil Bonetti, „jene unsere Hilfe, die der Arbeitsmarkt ‚freigesetzt‘ hat, die mit den Anforderungen nicht Schritt halten können oder die aus den unterschiedlichsten Gründen an den Rand unserer Gesellschaft gedrängt werden.“
Im Zuge dieser Entwicklung veränderte sich auch das Infrastruktur-Angebot der Sozialeinrichtung: Das „Haus Maria Rädler“ in Hard wurde in ein Mietswohnhaus umgebaut, und in Dornbirn wurde das Wohnangebot neben dem Heim in der Gilmstraße 7 sukzessive um verschiedene Wohngemeinschaften mit unterschiedlichen Schwerpunkten ausgeweitet. Parallel dazu wurde ab 1991 das „Arbeitsprojekt Haus der jungen Arbeiter“ aufgebaut (Arbeitsprojekte).
Mit dem Tod von Kaplan Bonetti im Juli 2007 wurde unter der Leitung von Geschäftsführer Mag. Peter Mayerhofer im „Haus der jungen Arbeiter“ ein umfassender Organisationsentwicklungsprozess eingeleitet. Wesentliche Ergebnisse davon waren vor allem die Verstärkung der sozialarbeiterischen Betreuung im Wohnhaus und in den Wohngemeinschaften sowie der Aufbau des Angebots der ambulanten Wohnungslosenhilfe für den Bezirk Dornbirn (Beratungsstelle). Im Herbst 2009 erfolgte die Gründung einer gemeinnützigen Betriebs-GmbH und im Zuge dessen die Umbenennung der Gesamteinrichtung in „Kaplan Bonetti gemeinnützige GmbH“. Pfarrer Mag. Erich Baldauf wurde zum Aufsichtsratsvorsitzenden bestellt.
Durch einen Neu- und Umbau des Hauptgebäudes in den Jahren 2013 und 2014 konnte die Wohnqualität für die Bewohner:innen erheblich verbessert werden. 2014 wurde zudem ein eigener Frauenwohnbereich im Haus Kaplan Bonetti eingerichtet.
Im Jahr 2016 übernahm Cornelia Matt als erste Frau die Geschäftsführung der Kaplan Bonetti gemeinnützige GmbH, und Bohuslav Bereta wurde neuer Leiter der Wohnprojekte und stellvertretender Geschäftsführer. Im selben Jahr wurde die Gilmstraße, in der das Wohnhaus steht, in Kaplan-Bonetti-Straße umbenannt.
Mit "Kunst in der Kantine" wurde ein Projekt im Jahr 2019 ins Leben gerufen, das Künstler:innen ermöglicht, in der Kantine von Kaplan Bonetti Bilder und Kunstwerke für einen gewissen Zeitraum auszustellen. Zahlreiche Gäste und Freund:innen von Kaplan Bonetti folgten bei diversen Ausstellungseröffnungen der Einladung zum Benefizbrunch oder zu einer klassischen Vernissage. Bei der Ausstellung "Alltagsbilder" wurden selbst gestaltete Bilder von Bewohner:innen mit Alltagsgegenständen ausgestellt.
Corina Albrecht, BA übernahm 2021 die Leitung der Wohnprojekte und Michael Hämmerle, BA wurde zum stellvertretenden Geschäftsführer der Kaplan Bonetti gemeinnützige GmbH ernannt.
Als "Ausgezeichneter familienfreundlichen Betrieb" durften wir uns ab dem Jahr 2022 zählen. Nach über 20 Jahren ehrenamtlicher Tätigkeit als Obmann und Aufsichtsratsvorsitzender legte Pfarrer Mag. Erich Baldauf seine Ämter nieder. Als neuer Obmann des Vereins der Freunde Kaplan Bonetti wurde Dr. Stefan Allgäuer gewählt, und für die Position des Aufsichtsratsvorsitzenden konnten wir Werner Böhler gewinnen.
Der Verein der Freunde Kaplan Bonetti, der einst im Jahr 1953 unter dem Namen "Gemeinnütziger Verein der Freunde des Hauses der jungen Arbeiter" ins Leben gerufen wurde, feierte im Jahr 2023 sein 70 jähriges Bestehen. Aus diesem Grund wurde eine Ausstellung im Stadtmuseum Dornbirn eröffnet. In der Ausstellung "Hotel zur Schiene" wird anhand der Entstehungsgeschichte einen Blick auf die Arbeitszuwanderung der Stadt Dornbirn geworfen. Neben der Geschichte des Hauses Kaplan Bonetti werden auch die vielseitigen professionellen Strukturen aufgezeigt, die sich in der Zwischenzeit aufgrund der drängenden gesellschaftlichen Themen entwickelt haben. Zudem hat es im Juni eine Jubiläumsfeier mit offiziellem Festakt im Garten der Kaplan Bonetti Wohnprojekte gegeben. Ein umfassendes Veranstaltungsprogramm wurde 2023 unter dem Titel "Glück gehabt? 70 Jahre Kaplan Bonetti Dornbirn" gestartet und wird bis 3. November 2024 weitergeführt.
Beratungsstelle
Die Kaplan Bonetti gGmbH (vormals „Haus der jungen Arbeiter“) zählt seit vielen Jahren zu den etablierten Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe in Vorarlberg. Schwerpunkt war immer der stationäre Bereich – d.h. die Unterbringung, Verpflegung und Betreuung von Menschen in unterschiedlichen Notlagen (Wohnprojekte). Ergänzend dazu wurde seit 1991 auch ein gemeinnütziges Beschäftigungsprojekt betrieben (Arbeitsprojekte).
Mit dem Tod des langjährigen Leiters Kaplan Bonetti im Juli 2007 wurde im „Haus der jungen Arbeiter“ ein umfassender Organisationsentwicklungsprozess eingeleitet. Daraus entstand das Anliegen, künftig nicht nur Menschen zu betreuen, die in der eigenen Einrichtung wohnen, sondern darüber hinaus ein ambulantes Angebot zu entwickeln, das auch Menschen berät und betreut, die aus einer stationären Einrichtung ausziehen und wieder in einer eigenen Wohnung Fuß fassen wollen oder aber bereits in Mietwohnungen leben, jedoch von Delogierung bedroht sind oder deren Wohnsituation aufgrund verschiedener anderer Problemlagen als prekär betrachtet werden muss.
Im Herbst 2008 konnte eine erste Vereinbarung mit der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn erzielt werden, wonach ein Nachbetreuungsaufwand bei Auszügen aus dem „Haus der jungen Arbeiter“ auf Stundensatzbasis verrechnet werden kann. Im Mai 2009 erfolgte dann der Auftrag des Landes Vorarlberg, die ambulante Wohnungslosenhilfe für den Bezirk Dornbirn aufzubauen. Bereits mit Juni 2009 konnte ein gut geeignetes Büro in der Dornbirner Klostergasse angemietet werden, und am 2. Oktober 2009 wurde die „Kaplan Bonetti Beratungsstelle“ feierlich eröffnet. Mittlerweile ist das Büro der "Kaplan Bonetti Beratungsstelle" umgesiedelt und befindet sich nun in der Klaudiastraße 6 im 1. Stock in Dornbirn.
Mit dem Einstieg in die ambulante Wohnungslosenhilfe im Jahr 2009 hat die qualitative und quantitative Bedeutung der Sozialarbeit rapide zugenommen. Schon bald stellen sich Fragen bezüglich gut funktionierender Nahtstellen zwischen den einzelnen Arbeitsbereichen, einheitlicher Standards, einem gemeinsamen Qualitätsverständnis und anderer Themen.
Michael Hämmerle, BA wurde 2014 neuer Leiter der Beratungsstelle. Ein neues Gesamtkonzept für die Kaplan Bonetti Beratungsstelle, in der die Sozialarbeit aller Bereiche zusammengeführt wurde, war notwendig geworden. Im Jahr 2015 wurde schließlich Sozialarbeit als Querschnittsmaterie der stationären und ambulanten Wohnungslosenhilfe sowie der Arbeitsprojekte zusammengefasst und in die Kaplan Bonetti Beratungsstelle eingegliedert.
Arbeitsprojekte
Die ursprüngliche Idee des „Hauses der jungen Arbeiter“ war es, jungen Arbeiter:innen vor allem aus Kärnten und der Steiermark, die in den Jahren der boomenden Wirtschaft nach Vorarlberg kamen, Unterkunft und Heimat zu bieten und ihnen beim Aufbau einer Existenz im „Ländle“ zu helfen. Im Laufe der Jahre veränderten sich die Bewohner:innen des Hauses, und es brauchten zunehmend all jene Hilfe und Unterstützung, die der Arbeitsmarkt „freigesetzt“ hat, die mit den Anforderungen nicht Schritt halten können oder die aus den unterschiedlichsten Gründen an den Rand unserer Gesellschaft gedrängt werden.
Vor diesem Hintergrund entwickelte der langjährige Leiter des Hauses der jungen Arbeiter, Kaplan Emil Bonetti, die Idee, „seinen“ Bewohnern nicht nur Unterkunft und Verpflegung zu bieten, sondern auch Arbeit und Beschäftigung. Er wollte damit der Jugend- und Langzeitarbeitslosigkeit gegensteuern, aber auch in der Leistungsgesellschaft gescheiterten Menschen einen schrittweisen Wiedereinstieg in den Arbeits- und Erwerbsprozess ermöglichen.
Im Herbst 1991 gründete Bonetti den Verein „Arbeitsprojekt Haus der jungen Arbeiter“, um den neuen Beschäftigungsangeboten eine eigene Rechtsstruktur zu geben. Wurden anfangs noch vor allem Heimarbeit für befreundete Industrieunternehmen direkt im Haus der jungen Arbeiter abgewickelt, konnte ergänzend dazu schon bald eine eigene Tischlerei in der Mähdlegasse eröffnet werden, in welcher unter Anleitung eines Tischlermeisters einfache Holzarbeiten (z. B. Kisten, Geschenkverpackungen aus Holz, Vogelhäuser, Paletten, Fußschemel, …) gefertigt wurden. 1997 wurde zusätzlich eine größere Werkstätte in der Lustenauerstraße erworben. Darin wurden vor allem Lohnarbeiten verschiedener Art für heimische Auftraggeber (z. B. Montagearbeiten für Elektronik-, Metall- und Holzbauunternehmen, Sortier- und Verpackungsarbeiten, …) abgewickelt. Auch eine Altmetallsortierung wurde eingerichtet. Später kamen eine mobile Landschafts- und Objektpflege und ein Wäscheservice dazu.
2013 zogen alle fünf Arbeitsprojekte in ein neu errichtetes Betriebsgebäude in der Schlachthausstraße 7c, damit sind alle Beschäftigungsprojekte unter einem Dach.
Durch Förderungen des AMS Vorarlberg, des Landes Vorarlberg, des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, aus dem Europäischen Sozialfonds (esf) sowie durch beachtliche Eigenerwirtschaftung durch den Verkauf von Dienstleistungen und Produkten an Großkunden und Privatkunden können mittlerweile bis zu 100 Arbeiter:innen und 18 Stammmitarbeiter:innen beschäftigt werden.
Im Jahr 2017 übernahm Mag. Harald Panzenböck die Leitung der Arbeitsprojekte, neue Projekte wurden unter seiner Leitung entwickelt. Seit 2020 gibt es unter dem Projekt "Basic" eine Coaching Begleitung für langzeitarbeitslose Menschen auf dem Weg zu einem Job. Eine neue niederschwellige Beschäftigungsmöglichkeit, Projekt "BonFire", für Personen mit Suchterkrankungen startete im Oktober 2021. Bei "BonFire" haben diese Menschen die Möglichkeit einer Beschäftigung auf Taschengeldbasis sowie ein wenig kreative Abwechslung und Routine in ihrem Alltag. 2024 startete "FireWork" - ein weiteres, niederschwelliges Beschäftigungsprojekt für Menschen ohne Suchterkrankungen.
"30+1 Gründe zu feiern" hieß es im Juni 2022. Das Arbeitsprojekt feierte Jubiläum, und zahlreiche Partner, Nachbarn, Politiker:innen und Kunden kamen zur Jubiläumsfeier der Kaplan Bonetti Arbeitsprojekte.