Speak-Dating – Quartierfest Rohrbach

Beim Speak-Dating trafen sich 32 geladene Gäste aus allen möglichen Lebensbereichen, um in einem zwölfminütigen Gespräch auf die Fragen einzugehen, die als Menükarte auf dem Tisch vorbereitet waren. Ein Drittel der Teilnehmenden bestand aus Transitmitarbeiter:innen der Arbeitsprojekte, die ihre Erfahrungen mit Langzeitarbeitslosigkeit bereitwillig mit Gesprächspartner:innen aus ganz unterschiedlichen Berufsfeldern teilten – teilweise saßen Kunden der Arbeitsprojekte am Tisch, Mitarbeiter des Stammpersonals und auch Leute, die Kaplan Bonetti Arbeitsprojekte bisher kaum oder gar nicht kannten. Einzige Regel lautete, sich mit jemanden ins Gespräch zu vertiefen, den oder die man nicht oder kaum kennt. Unter der sorgfältigen Leitung von Mark Riklin, einem St. Galler Soziologen und Künstler, wechselten die Teilnehmenden nach zwölf Minuten ihre Gesprächspartner:innen und begannen ein zweites und danach noch ein drittes Gespräch. Ein kleines Serviceteam servierte Getränke und bei Bedarf neue Fragen auf dem Tablett. Der Fragen-Service wurde zwar gern in Anspruch genommen, bei den Rückmeldungen danach war der Tenor aber eindeutig: Die Fragen auf der Menükarte waren klug gewählt und anregend genug, die Gespräche nahmen so schnell eine Intensität an, dass es eigentlich gar keine weiteren gebraucht hätte. 

Die Musik von Andreas Paragioudakis gab den Rhythmus vor und er sorgte auch dafür, dass nach dem Briefing ein Moment der Stille entstand, in dem sich die Teilnehmenden auf die dort präsentierten Fragen einlassen konnten. Bei der Nachbesprechung wurden erste Rückmeldungen zum eben Erlebten gesammelt, und die Begeisterung sprudelte nur so aus den Leuten heraus. Nach so viel Herzöffnung ganz unbekannten Menschen gegenüber entstand eine besondere Atmosphäre. Den Abschluss machte Bereichsleiter Harald Panzenböck, der etwas tiefer in die Arbeitsprojekte blicken ließ und auch die politischen Rahmenbedingungen beschrieb, um zu erläutern, wie der erste Arbeitsmarkt für Menschen mit Sprachbarrieren, gesundheitlichen Einschränkungen, einem gewissen Alter oder Suchtthematik wirklich aussieht. Was die Schaffung eines dauerhaften dritten Arbeitsmarktes bedeutet würde, erfuhren die Gäste aus erster Hand von den Leuten, die sich vor der neuerlichen Arbeitslosigkeit fürchteten, denn die AMS-Angebote der Arbeitsprojekte sind immer zeitlich begrenzt. Es gab im Anschluss bei Getränken und Pizza noch lange weiterführende Gespräche mit strahlenden Gesichtern und der Gewissheit, dass dieses Speak-Dating nicht das letzte war – die Sensibilisierung ist ein wesentlicher Aspekt in der Lobbyarbeit, die Kaplan Bonetti für die Menschen am Rand der Gesellschaft leistet.

"Der Redebedarf war groß, fand ich."

 

"12 Minuten sind genau richtig, um danach beim Bier noch weiter zu reden, weil noch nicht alles gesagt wurde."

 

"Was für ein schönes Format!"

 

"Es ist so schwierig, eine Arbeit zu bekommen. Ich würde alles machen."

 

"Für mich ist arbeiten ein Ankommen bei sich selbst – ich möchte bei Bonetti bleiben können bis zur Pensionierung."

 

"Ich bin so dankbar, weil ich in einem Betrieb gelandet bin, in dem die Menschen gesehen werden."

 

"Was ich mitnehme ist, wie wichtig es ist, den Menschen eine Sprache zu geben – der Wert der Arbeit hat für mich einen neuen Stellenwert bekommen, weg von der Lohnarbeit. Arbeit gibt Lebenssinn und Struktur, die sind wichtiger als der Gehalt. Das war mir so nicht bewusst."

 

"Nach dem Gespräch dachte ich: Diese Leute sind schon echt zufrieden, weil alles halbwegs gut ausging. Vielleicht bin ich einfach notorisch unzufrieden, obwohl es mir so gut geht."

 

"Ich fühle mich gebraucht hier, und ich brauche die Arbeit."

 

"Arbeitszeit ist Lebenszeit – deshalb ist es wichtig, eine Tätigkeit mit Sinn zu machen."

 

"Man traut sich selbst nichts mehr zu – man glaubt nicht, dass man es kann und verkauft sich nicht gut."

 

"Ich habe so viel Neues erfahren – du erlebst Leute, mit denen du sonst nie ins Gespräch kommst."

 

"Arbeit ist mehr, als nur etwas zu erledigen. Wenn ich mich auf etwas einlasse, ist es auch Glück."

 

"Ich gehe jetzt mit diesen Fragen heim und stelle sie meinem Papa."

 

"Man ist nicht mehr Teil des Feierabend-Biers. Wenn du arbeitslos bist, hast du nichts zu erzählen, also gehst du da auch nicht mehr hin. Die haben wenig Verständnis für dich und für deine Sorgen – irgendwann ist auch die Garage aufgeräumt und der Tag wird lang."

 

"Mich selbst zu erleben war ebenfalls interessant – ich hätte nie gedacht, dass man so schnell mit einem Fremden in einen tiefen Austausch kommt. So kenne ich mich gar nicht."