Ich habe sehr viel Glück im Leben
An einem Freitagnachmittag stehen im Dornbirner Kulturhauspark weißgedeckte Tische in der Abendsonne. Zwölf Tische in einer Reihe, mit Blumenschmuck und Menükarten, auf denen statt Getränken und Snacks Fragen stehen, etwa diese hier: „Gehst du noch ins Gasthaus essen?“ oder „Wie viel Paar Schuhe hast du?“ Oder auch: „Könnte dich eine Erbschaft glücklicher machen als du es jetzt bist?“
Die Menschen, die kurz darauf an den Tischen Platz nehmen, um sich mit ihrem Gegenüber diesen Fragen zu widmen, haben davor im Stadtmuseum Dornbirn eine kurze Einführung von Mark Riklin, dem Arrangeur dieses Settings erhalten, wie die Speak-Datings ablaufen sollen. Jedes Gespräch dauert zwölf Minuten, wenn die Musik ertönt, werden die Tische gewechselt – jede Person wandert drei Tische nach links. So treffen sich nach einem Zufallsprinzip neue Gesprächspartner:innen, um sich wieder auf eine oder zwei der angebotenen Fragen zu einigen und sich auszutauschen. Die zeitliche begrenzte Gesprächseinheit wiederholt sich drei Mal, danach gibt es die Möglichkeit, sich über eine App einzuloggen und ein, zwei Sätze als Rückmeldung darüber zu hinterlassen, was bei diesem Event als bleibende Erinnerung oder Erfahrung mitgenommen wird.
Das Ambiente ist ein Gedicht
Das Speak-Dating ist Teil des Rahmenprogramms zur Ausstellung „Glück gehabt?“ anlässlich des 70-jährigen Jubiläums der Vereinsgründung von Kaplan Bonetti. Deshalb sind sowohl der Obmann des Vereins, Stefan Allgäuer, als auch die Museumsdirektorin Petra Zudrell und Vermittlerin Barbara Motter unter den Gesprächspartner:innen. Die Gesprächseinheiten werden musikalisch begleitet von Andreas Paragioudakis und unterstützt durch das Servicepersonal: Zeremonienmeister Mark Riklin mit zwei jungen Assistentinnen und Daniela Egger, Mitorganisatorin des Events und Kuratorin der Ausstellung. Nicht nur Getränke werden serviert, es werden bei Bedarf auch weitere Fragen angeboten. Und weil es ein heißer Tag war und der Schatten nur langsam wandert, werden auf Bestellung auch erfrischende Sprühnebel auf die Köpfe und Nacken verteilt. „Das Ambiente ist ein Gedicht,“ sagt eine der Teilnehmerinnen im nachfolgenden Gespräch. Gemeinsam bewegt sich die Gruppe im Anschluss zurück ins Stadtmuseum, um noch einmal zu reflektieren – mit musikalischer Begleitung.
„Es ist erstaunlich, wie viele Gemeinsamkeiten man in kurzer Zeit findet, auch wenn man sich nie zuvor gesehen hat“, ist eine der begeisterten Rückmeldungen. „Unsere Lebenswelten sind zwar sehr unterschiedlich, aber wir sind in unseren Ansichten nicht weit voneinander entfernt“, eine andere.
Ob die Teilnehmenden Gemeinsamkeiten entdecken ist nicht vorhersehbar, denn die Gruppe ist absichtlich bunt zusammengewürfelt – ganz abgesehen von den zufällig anwesenden Parkbesucher:innen, die spontan dazustoßen. Es sind Transitmitarbeiter:innen und Bewohner:innen von Kaplan Bonetti dabei, Leute aus Kultur und Politik, aber auch Schüler:innen und Interessierte, die der Einladung gefolgt sind – sie alle sind Expert*innen zu Fragen nach Armut, Teuerung und Glück.
„Drei ganz verschiedene Gespräche, in denen ich etwas über meinen eigenen Wohlstand und mein Leben gelernt habe, aber auch einen kleinen Einblick in das Leben meiner Gesprächspartnerin bekommen habe.“
„Das war eine Inspiration für Morgen und für die Zukunft!“
„Ich hatte ganz wunderbare Gespräche. Danke dafür!“
„Tolle Idee und schöne Begegnungen mit Menschen, die ich sonst nicht getroffen hätte.“
„Nachdenken über die wirklich wichtigen Dinge im Leben und das in einer feinen Atmosphäre – es war sehr schön, in die unterschiedlichen Welten einzutauchen.“
Die Sonderausstellung "Glück gehabt? 70 Jahre Kaplan Bonetti Dornbirn ist eine Kooperation zwischen der Kaplan Bonetti gGmbH und dem Stadtmuseum Dornbirn. Sie ist noch bis April 2024 geöffnet und bietet ein umfangreiches Rahmenprogramm.