Das wird eine Herausforderung

Harald Panzenböck ist Vorstand von “arbeit plus” und Leiter der Kaplan Bonetti Arbeitsprojekte.VN/paulitsch
Harald Panzenböck ist Vorstand von “arbeit plus” und Leiter der Kaplan Bonetti Arbeitsprojekte.VN/paulitsch

Harald Panzenböck, Vorstand von “arbeit plus”, warnt: Die Zahl der Langzeitarbeitslosen wird sich in den kommenden Jahren noch erhöhen.

Schwarzach Herr U. steht kurz vor der Pension, ist gesundheitlich beeinträchtigt und findet schon länger keinen Job mehr. Er wird zwischen AMS und Sozialhilfe hin- und hergeschickt, darf nicht in Invaliditätspension, berichtet die Vorarlberger Armutskonferenz. Zumindest im sogenannten zweiten Arbeitsmarkt kommt er manchmal unter, in sozialökonomischen Betrieben. Speziell in Zeiten wie diesen kommt ihnen eine wichtige Rolle zu. Das Kuriose dabei: Just, wenn sie nötig gebraucht werden, spüren auch diese Betriebe die wirtschaftliche Situation stärker.

Diese sozialökonomischen Betriebe treten nach außen unter dem Dach von “arbeit plus” auf. In Vorarlberg sind das etwa die Kaplan-Bonetti-Arbeitsprojekte, Aqua Mühle und Integra. Sie sorgen dafür, dass Menschen, die schon länger als ein Jahr einen Job suchen, bei ihnen eine Stelle erhalten und somit einen Alltag und ein Einkommen haben sowie ihr Können erweitern. Dazu benötigen sie allerdings Jobs, wie Harald Panzenböck, Leiter der Kaplan-Bonetti-Arbeitsprojekte und Sprecher von “arbeit plus”, im VN-Gespräch erklärt. “In den vergangenen zwei Jahren hatte ich mit 170 Unternehmen in Vorarlberg Kontakt, um Arbeit zu bekommen. Damit ich die Menschen, die zu uns kommen, überhaupt beschäftigen kann.” So müssen die Institutionen flexibel sein: Bei Kaplan Bonetti ist die Tischlerei, die erst vor zehn Jahren aufgebaut wurde, wieder geschlossen worden. Nun wird daraus ein Betrieb, um Kartoffeln zu schälen und zur Weiterverarbeitung für Großküchen vorzubereiten. Der Versuch hat geklappt, jetzt steht die Investition von einer halben Million Euro an, sagt Panzenböck. Dafür benötigt er Planungssicherheit.

VN-Grafik, Quelle: AMS Vorarlberg
VN-Grafik, Quelle: AMS Vorarlberg

Doch diese Planungssicherheit fehlt. Das AMS kann mit den Betrieben nur Jahresverträge abschließen. Das ist nicht ideal, sagt Panzenböck. “Wir brauchen längerfristige Erträge.” AMS-Chef Bernhard Bereuter begründet: “Wir haben Jahresbudgets. Erst wenn wir Budgetsicherheit haben, können wir auch die Planung vornehmen.” Man achte darauf, dass man schon im Frühjahr mit den Betrieben zusammensitzt, um einen Fahrplan zu entwickeln, die Verträge können aber erst im Herbst unterzeichnet werden. Mittlerweile weiß Bereuter: “Wir können das Budget im kommenden Jahr halten.” Nachsatz: “Allerdings steigt die Zahl der Menschen ohne Beschäftigung.” Speziell jene der Langzeitarbeitslosen. Sie ist innerhalb eines Jahres um knapp ein Viertel gestiegen, während sich die allgemeine Arbeitslosigkeit in dieser Zeit um 3,6 Prozent erhöht hat.

Panzenböck bestätigt: “Zu uns kommen immer mehr Personen, die 30 Jahre in einer Firma gearbeitet haben und noch fünf Jahre zur Pension haben.” Und er befürchtet, dass in den kommenden Jahren die Zahl der Langzeitarbeitslosen weiter steigen wird. Der Grund: die Anhebung des Frauenpensionsalters. “Ich vermute, dass wir vor einer ordentlichen Herausforderung stehen”, betont der Experte. Die Politik müsse wieder stärker den Fokus auf diese Gruppe legen, wie sie es mit der Aktion 20.000 getan habe. Hoffnung setzt er auf eine neue Beschäftigungsoffensive namens “Aktion 55 Plus”.

330 Menschen befinden sich laut AMS in einem sogenannten Transit-Arbeitsverhältnis. Im Durchschnitt bleiben sie dort für sechs Monate, bevor sie – im Idealfall – weitervermittelt werden. Dieser Idealfall tritt allerdings nur in knapp mehr als 20 Prozent ein. Sozialökonomische Betriebe müssen wirtschaftlich arbeiten. Die kurze Dauer der Anstellungen erschwert dies. Kaum ist jemand halbwegs angelernt und hat sich an die Struktur gewöhnt, muss er wieder gehen, berichtet Panzenböck.

In den Werkstätten von Kaplan Bonetti werden Menschen für den Arbeitsmarkt wieder fit.VN/paulitsch
In den Werkstätten von Kaplan Bonetti werden Menschen für den Arbeitsmarkt wieder fit.VN/paulitsch

80 Prozent können nach einer Tätigkeit in einem sozialökonomischen Betrieb also nicht weitervermittelt werden. Oft stecken gesundheitliche Probleme dahinter, Invaliditätspension wird aber abgelehnt. Diese Personen müssen in der Arbeitslosigkeit verharren, bis sie das Regelpensionsalter erreichen. Ein unbefriedigender Zustand, sagt Panzenböck. Und er fordert: “Früher oder später benötigen wir auch für diese Gruppe ein Beschäftigungsmodell.” Für Menschen wie Herrn U.

Die Tischlerei musste Panzenböck schließen, jetzt werden Kartoffeln bearbeitet.VN/paulitsch
Die Tischlerei musste Panzenböck schließen, jetzt werden Kartoffeln bearbeitet.VN/paulitsch