Wilde und weniger wilde Tiere und anderes
In der Kantine des Kaplan Bonetti Hauses in Dornbirn, die seit Mitte Juli 2019 auch als Ausstellungsraum genutzt wird, werden derzeit unter dem Titel „Von Rudeltieren und Einzelgängern“ Werke der ARTquer-Künstler Uwe Filzmoser, WolfGeorg und Leon Wust gezeigt. Bei ARTquer handelt es sich um eine Ateliergemeinschaft von Menschen mit Behinderung, die von der Lichtkünstlerin und Pädagogin Erika Lutz geleitet und künstlerisch betreut wird. Die drei besonderen Künstler zählen gleichsam zu den „Urgesteinen“ der Ateliergemeinschaft. Ihre Werke beseelen die Kantine mit viel Farbe und abenteuerlicher Lebendigkeit.
Aushängeschild der Gruppe ist der 1987 in Feldkirch geborene WolfGeorg. Sein bürgerlicher Name ist Georg Fitz, sein Künstlername leitet sich aus seiner starken inneren Beziehung zu Wölfen ab. Seine stacheligen und mit scharfen Zähnen bestückten Wolf-, Fuchs-, Tiger- und Hundeskulpturen sind heute bereits weit über die Landesgrenzen Vorarlbergs hinaus bekannt. Zahlreiche Ausstellungen im In- und Ausland haben aus ihm sozusagen den Star der in der Frastanzer Felsenau arbeitenden Ateliergemeinschaft werden lassen. Er selbst bezeichnet sich als „gefährlichsten Künstler des Landes“, da es außer ihm niemand wagt, derart gefährliche Tiere skulptural und zeichnerisch zu realisieren.
Furchterregendes von WolfGeorg
Im Kaplan Bonetti Haus sind von WolfGeorg Arbeiten zu sehen, die teils neu, teils in den letzten Jahren entstanden sind. Gezeigt werden sowohl Objekte als auch Arbeiten auf Papier. Werke wie etwa „Afrikanischer Erdwolf“, „Schwarzrotwolf“ oder „Tibetische Wölfin“ wurden von den Organisatoren der Schau in gleichem Maße spektakulär wie behutsam in das Ambiente des Saales und des angrenzenden Ganges integriert. Stirnseitig ragt noch ein bedrohlicher „Aggressiver Tigerbullterrierkopf“ aus der Wand heraus und von der Decke herunterhängend schweben zwölf überdimensionale gemeine Wespen (Vespula vulgaris) im Raum. WolfGeorg scheint ein Workaholic zu sein. Unermüdlich werkt er an seinen Zeichnungen, Bildern und Skulpturen. Der Rückgriff auf iterative Elemente und die Liebe zum Detail sind maßgebliche Kennzeichen seines Schaffens. Auch wenn viele der wilden Tiere von WolfGeorg furchterregend erscheinen mögen, misst ihnen der Künstler doch auch die wichtige Funktion zu, die Menschen zu beschützen.
Für einmal sind Mäuse gelb
Der 53-jährige, in Rankweil lebende Uwe Filzmoser ist ebenfalls schon ein alter Hase im Kunstgeschäft. Filzmoser arbeitet gerne seriell, egal ob es sich um Zeichnungen handelt, in denen er sich beispielsweise scheinbar endlos mit der Darstellung von Lampen, Autos oder auch Stadtplänen auseinandersetzt. In der Skulptur fokussiert er sich vor allem auf Tiere. Fledermäuse, Katzen, Schweine, Krähen, Igel, aber vor allem Ratten und Mäuse stehen hier im Mittelpunkt. In der Kantine sind es acht gelbe oder graue Mausskulpturen aus Holz, die sich gut und immer wieder überraschend im Raum verteilen. In ihrem Minimalismus erinnern die Figuren ein wenig an nach Schablonen ausgestochene Formen. Für die Ohren und Schwänze greift der Künstler gern auf Materialien wie Leder zurück. Ob farbig, befellt oder mit Flügeln – seiner Phantasie sind jedenfalls keine Grenzen gesetzt.
Uwe Filzmoser hat darüber hinaus eine große Leidenschaft für Märchen und ist folglich ein großer Anhänger des dänischen Dichters Hans Christian Andersen sowie der Gebrüder Grimm. Des Weiteren ist er ein notorischer Briefeschreiber, widmet sich der Kalligraphie und wünscht sich sehnlichst ein Telefonbuch aus Dänemark.
Akribische Zeichnungen von Leon Wust
Der 1997 in Lustenau geborene Leon Wust ist der jüngste unter den drei Bonetti-Ausstellern. Er ist ein brillianter Zeichner und verwendet hauptsächlich Filzstifte, die er bis auf den letzten Farbtropfen auspresst. Als Bildträger kommen zumeist großformatige Papierblätter (50x70 cm) zum Einsatz, in deren Weißraum die winzigen Zeichnungen von Wust wie gestochen scharfe Farbtupfer wirken. Das Interessante daran ist unter anderem, dass Wust seine Zeichnungen stets ganz unten und mittig auf der Grundlinie des Blattes ansetzt. Der Betrachter muss nahe an das Bild herantreten, um die in minimalistischer Größe gehaltenen Figurationen genau erfassen zu können. In der Regel beginnt Leon Wust mit Rot oder Gelb. In der Folge fügt er kleinere Zeichnungen in eine größere Form ein, die als eine Art Hülle fungiert. Gelegentlich beschriftet er diese und erweitert so das Bild.
Der Künstler verfügt über ein enormes Reservoir an Formen und Farben. Die Motive wie etwa Wiesen, Insekten oder Gegenstände seiner Umgebung werden akribisch genau umgesetzt. Das Dargestellte verweist hinsichtlich Form und Farbe immer wieder auch auf Projektionen innerer Zustände. Leon ist abseits seiner bildnerischen Leidenschaft auch ein begeisterter Musikhörer, Kinogänger und Computerfreak.
ARTquer
Erika Lutz bezweckt mit der von ihr ins Leben gerufenen Ateliergemeinschaft ARTquer, die in Menschen mit Behinderung schlummernde Kreativität und Gestaltungskraft zu fördern und Werke nach deren eigenen Ideen erstehen zu lassen. In ihrer Werkstatt treffen gleichsam Leidenschaft und Begeisterung auf Talent.
Karl-Heinz Pichler, Kultur, Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft
Hier geht es zum Originalartikel: Wilde und weniger wilde Tiere und anderes - Uwe Filzmoser, WolfGeorg und Leon Wust in der Kantine des Kaplan Bonetti Hauses — Zeitschrift fur Kultur und Gesellschaft (kulturzeitschrift.at)